Seit Aufnahme meiner Praxistätigkeit war ich in Onlineanzeigemärkten auf der Suche nach einem 2nd-Hand-Aquarium, um im Wartezimmer für etwas Entspannung und Kurzweil zu sorgen. Zur Verfügung stand eine Zwischenwandseite mit ausreichend Platz für ein 2-Meter-Becken.
Im November '14 fand sich dann das ideale Objekt, ein Panoramabecken aus 12 mm Floatglas mit den Aussenmassen 200x55/70x70 cm (910 Liter), wobei zudem Unterschrank und Abdeckung stilistisch bestens zum bestehenden Mobiliar passten. Erfreulicherweise war noch dazu mitsamt diversem Zubehör eine Lieferung frei Haus möglich. Auf diesem Wege nochmals vielen Dank an Reinhard O., den Vorbesitzer.
Als Aquarianer über nahezu ein halbes Jahrhundert bin ich seit Mitte der 90er Jahre begeisterter Halter von Buntbarschen der felsigen Küstenbereiche des Malawi- und Victoriasees. In Anbetracht der sich zuspitzenden Umweltkrise in dieser Region wollte ich nun im Rahmen des Artenerhaltungsprogramms der
IgV ein Refugium für vom Aussterben bedrohte Victoria-Cichliden zur Verfügung stellen.
Ein derartiges Becken zeichnet sich durch einen sehr überschaubaren pflegerischen Aufwand aus, da gemäss dem Ursprungshabitat auf das Einbringen von Pflanzen verzichtet werden kann, und auch Sand bzw. Kies entbehrlich sind. Letzteres erleichtert, eine adäquate Filterung vorausgesetzt, ohne umständliche Säuberungsprozeduren die optimale Reinhaltung, um eine möglichst geringe Keimbelastung in Annäherung an die natürlichen Verhältnisse im See zu erreichen. Darüberhinaus hiess es, bei der Planung auf eine hohe Energieeffizienz zu achten, weshalb vom vorhandenen, über 3 Bodenbohrungen gespeisten Eheim XXL im Unterschrank auf einen 3-Kammer-Innenfilter umzurüsten war und darüberhinaus der HQI-Balken gegen eine sparsame LED-Anlage ausgetauscht werden musste.
Mitte Mai ist es dann endlich warm genug, um in der Garage mit den Arbeiten zu beginnen.
Zunächst gilt es, aus 8 mm starken Polycarbonatplatten die Komponenten des links entlang der Rückwand zu stellenden Filtergehäuses zurechtzuschneiden, den Pumpendurchlass zu bohren, und die Teile mit Acrifix 1R 0192 zu verkleben. Die Verstrebungen aus 15 mm Vierkantstäben dienen neben der Stabilisierung insbesondere auch als Auflage für die Filterschäume.
Die Aushärtung der Klebestellen lässt sich durch Bestrahlung mit UV-Licht beschleunigen.
Im Becken fixiert wird die Filtereinheit dann mit Silikon. Sie beherbergt zwei Schaumfiltersäulen mit Einlass links unten (Grundfläche 25x20 cm / 20x20 cm) sowie rechts die Gerätekammer (15x20 cm) für Pumpe (Auslass nach rechts) und 300W-Heizstab.
Da die oben an der Rückwand zur Deckplattenauflage angebrachten Glasstege den Filterzugang auf nahezu die Hälfte einengen, ist es erforderlich, die Schächte mit jeweils 2 hintereinander zu platzierenden Filterschaumquadern (10 PPI / 10 cm Dicke) zu beschicken. Mit Hilfe einer zwischen den Schäumen einzuführenden 1,5 mm dünnen PTFE-Platte (in der Darstellung in die linke Kammer eingeschoben) gleiten diese dabei problemlos ohne viel Reibung aneinander vorbei.
Der genaue Zuschnitt der Schaumblöcke erfolgt mit einem heissen Draht, wobei eine mit elektrischem Strom erhitzte Elektrogitarrensaite Verwendung findet. Eine dünne E-Saite bietet dabei einen ausreichend hohen Ohmschen Widerstand, um ein 12V-Ladegerät für Autobatterien nicht zu überlasten, und bei relativ niedriger Stromstärke die zum Schmelzen des Schaums erforderliche Hitze zu entwickeln. Zudem läuft der dünne Draht leicht durch den Schaum, ohne viel Material schmelzen zu müssen, wodurch sich auch die toxische Rauchentwicklung in Grenzen hält. Trotzdem ist bei diesem Verfahren immer auf ausreichende Belüftung zu achten. Über den Abstand der stromzuführenden Kabelklemmen kann bequem die Stromstärke und damit die Temperatur geregelt werden. Man sollte nur darauf achten, nicht durch Überhitzen den Draht vorzeitig reissen zu lassen. Die Saite wird hier zwischen Decke und zwei aneinandergestellten Tischen federnd mittels Expanderzug exakt vertikal eingespannt. Ein auf einen der Tische in passendem Abstand zum Draht geklemmtes Brett dient als Führung, um einen geraden Schnitt zu erzielen. Mit dieser Methode ist ein professionelles Ergebnis garantiert.
Der laufende Betrieb zeigt, dass sich auflagernde gröbere Schmutzpartikel relativ rasch den zunächst zum Einlass hin ebenen Filterblockabschluss verstopfen, und der dadurch gedrosselte Flow den Wasserspiegel in der Auslasskammer jeweils wenige Wochen nach einer Reinigung deutlich absenkt. Deshalb wird später zur Vergrösserung der Oberfläche mit gutem Erfolg auf ein zinnenförmiges Einlassprofil beider betreffenden Schäume gewechselt, was dann auch eine Standzeit von vielen Monaten ermöglicht. Ein passend zurechtgeschnittenes Kunststoffabstreifgitter aus dem Malerbedarf verhindert das Einklemmen von Fischen in diesen Spalten.
Betrieben wird der Filter mit einer Sicce 995570 Syncra Silent 3.0, Förderleistung 2.700 l/h. Deren Verbrauch lässt sich in ungedrosseltem Betrieb, das heisst mit demontiertem Reglergehäuse, mit ca. 43 Watt (Leistungsfaktor cos φ 0,96) messen, gut vereinbar mit den Herstellerangaben von 45 Watt. Bei Anbau von Gehäuseabdeckung und Durchflussregulator ergeben sich je nach Drosselung zwischen 28 und 42 Watt.
Nebenbei bemerkt kann ich nicht nachvollziehen, weshalb sich manche bei einer Einzelanlage einzig zur Verringerung des Energieverbrauchs für einen Luftheber entscheiden. Während eine externe Membranpumpe ihre Abwärme definitiv an die Umwelt verliert, wird doch die vom Antrieb einer getauchten Umwälzpumpe entwickelte Wärmeenergie komplett an das Beckenwasser abgegeben, wodurch sich der Verbrauch der üblicherweise ebenfalls elektrisch betriebenen Heizstäbe entsprechend reduziert. In wärmeren Regionen, bei Anschluss des Beckens an die Zentralheizung oder auch zur Versorgung mehrerer Einheiten mag die Kalkulation selbstverständlich anders aussehen.
Dann geht es ans Zementieren der Rückwandverkleidung und der solitären Kunstfelsen. Verwendung findet dabei für Bau und Abdichtung von Trinkwasserbehältnissen zugelassenes
PCI Barraseal®. Die Zugabe einer geringen Menge von Glasfasern erhöht die Endfestigkeit und beugt Rissbildungen vor. Toxische Materialien kommen nicht zur Anwendung. Soweit erforderlich dienen nach Erhärtung des Zements leicht wieder abzuziehende Formen aus Polypropylen oder übliche Tetrapacks als Grundgerüst. Zum Bau der Rückwände werden dabei exakte Model aus Holzplatten hergestellt und mit Kunststofffolie ausgekleidet.
Der Rückwandaufbau besteht aus drei ohne Fixierung frei stehenden Panelen von jeweils etwas über 20 kg Gewicht. Er trägt kaum auf und schränkt dadurch den Schwimmraum nur unwesentlich ein. Die weiteren frei zu positionierenden Felsimitate sind sämtlich ebenfalls dünnwandig und hohl ausgeführt, um neben einer Gewichtseinsparung Verstecke insbesondere für Jungfische zu bieten. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass sich grössere Hohlräume z.B. durch kleine Bohröffnungen nach oben hin entlüften können, um ein Aufschwimmen der Komponenten beim Wiederbefüllen des geleerten Beckens zu verhindern.
Zur Vermeidung punktueller Druckbelastungen durch abgelöste Zementfragmente wird vor dem Einbringen der Teile die gesamte Bodenfläche des Beckens mit Ausnahme des Filterbereichs mit einer 1,5 mm dicken Teichfolie ausgelegt. Diese lässt sich auch vorderhalb des Rückwandaufbaus durch genau eingepasste Zementbodenplatten optisch weitgehend zum Verschwinden bringen, wobei durch eine entsprechende Formgebung selbst die durch die Glaslängsverstärkung entlang des vorderen Bodenabschlusses entstandene 15 mm hohe Stufe gut zu kaschieren ist.
Ins linksseitige Modul ist links oben vor dem Filter gelegen eine Art Brutbecken integriert, in welches sich immer wieder über den Spalt zur seitlichen Glasscheibe hin kleinste Jungtiere vor dem Gefressenwerden retten. Bei regelmässiger Fütterung bleiben sie diesem Standort dann auch treu, zumindest solange keine durch einen Wasserwechsel verursachte Ebbe das Idyll stört.
Da kommerzielle LED-Balken nicht die gewünschte Flexibilität bieten, ist auch beleuchtungstechnisch die individuelle Herstellung unumgänglich. Zunächst erscheint dabei eine Wasserkühlung der LEDs sinnvoll. Diese wäre bei hoher Kühlleistung leise und brächte darüberhinaus noch Einsparungen bei den Heizkosten. Aus diesem Grund fällt die Wahl auf zwei jeweils 2 m lange
Aluminium-Trapezkartätschen als Trägersysteme, welche erfreulicherweise ohne Modifikation exakt zwischen die Seitenwangen des Abdeckrahmens passen. In deren Hohlraum lassen sich ggf. problemlos Silikonschläuche zur Kühlung über den Filterwasserkreislauf einziehen. Auf jeden der Aluminiumträger werden mit Wärmeleitkleber (Arctic Silver II) auf Starplatinen montierte CREE LEDs in Cool White (9 bzw. 8 x
XM-L2 U3 1A, 10,3 W @ 3.000 mA / 3,43 V) und Royal Blue (jeweils 5 x
XT-E, 5,3 W @ 1.500 mA / 3,52 V) aufgebracht und zu jeweils einem separaten Stromkreis verbunden.
Diese insgesamt 4 LED-Reihen werden über MeanWell LED-Treiber aus der
LDD-L Serie (6-36 V, LDD-1500L mit 1500 [XM-L2] bzw. LDD-1000L mit 1000 mA [XT-E]) gespeist, somit zur Schonung der LEDs bei gleichzeitig deutlich gesteigerter Effizienz mit weit weniger als deren jeweiligem typischen Betriebsstrom. Dem
Cree Product Characterization Tool sind problemlos die zur Kalkulation erforderlichen Bauteildaten zu entnehmen. Darf man den dortigen Angaben Glauben schenken, steigert sich bezogen auf die LED XM-L2 durch Halbierung der Stromstärke die Effizienz um immerhin 28 % (149,5 vs. 116,6 lm/W). Demgegenüber fällt der finanzielle Aufwand durch den Mehrbedarf an LEDs kaum ins Gewicht.
Zur Stromversorgung dient, ebenfalls von MeanWell stammend, das Schaltnetzteil
HRPG-200-36 (205 W, 36 V / 5,7 A), welches hinsichtlich seiner Ausgangsspannung problemlos bis zu 10 in Serie geschaltete XM-L2 LEDs (hier je 3,14 V @ 1.500 mA) betreiben kann, und auch bezogen auf die Gesamtstromstärke aller Stromkreise (2 x 1.500 mA [XM-L2] + 2 x 1.000 mA [XT-E] = 5.000 mA) noch ausreichende Reserven vorhält. Zudem bietet sich dessen mit maximal 300 mA belastbare 5 V-Standby-Leitung an, den zur Steuerung erforderlichen Controller zu befeuern, wodurch sich bei gemeinsamer Masse auch der Aufwand für eine potenzialfreie Ansteuerung der Treiber erübrigt.
Geregelt wird die Lichtintensität per
Pulsweitenmodulation (PWM), wobei die Signale bisher ein
Arduino Microcontroller erzeugte. Die Helligkeit jedes Kanals kann dabei im Wochenturnus für sekundengenau frei definierbare Zeitpunkte individuell festgelegt werden. Die Lichtsteuerung folgt dann im Automatik-Modus kontinuierlich den Geraden zwischen diesen Fixpunkten.
Darüberhinaus wird im Display auch noch die über einen Fühler im Filter erfasste Wassertemperatur angezeigt, wobei der Sensor via I²C-Bus mit dem Controller kommuniziert.
AquariOS als die aktuelle Weiterentwicklung arbeitet nun mit dem Microcontroller
ESP32 von
Espressif Systems und bedeutet den Einstieg ins IoT-Zeitalter. Programmiert in
FreeRTOS lässt sich damit sehr günstig eine leistungsfähige Multitasking-Steuerung realisieren.
Der Controller bietet PWM-Ausgänge in für die meisten Anwendungsbereiche ausreichender Menge, zudem die gängigsten Kommunikationsprotokolle zur Anbindung von Peripheriegeräten, wobei hier neben graphischem SPI-LCD-Display und I
2C-Temperatursonden bereits ein 16-Kanal-PWM-Erweiterungsmodul erfolgreich im Einsatz ist. Das entsprechende
ESP32-Development-Board integriert bis hin zur Antenne überdies sämtliche zur drahtlosen Kommunikation per Wi-Fi und Bluetooth erforderlichen Komponenten. Angebunden per WLAN, wird damit über eine HTTPS-gesicherte Verbindung mittels beliebigem Webbrowser eine übersichtliche Präsentation der Statusdaten und komfortable Änderung sämtlicher relevanten Parameter möglich. Die aktuelle Uhrzeit wird von Zeitservern aus dem Internet abgerufen. Eine USB-Verkabelung ist also nur noch zum Update der AquariOS-Betriebssoftware erforderlich, wobei selbst dies bald OTA durchgeführt werden könnte.
Der Funktionsumfang dieses offenen Systems lässt sich zukünftig problemlos erweitern. So wurde das Beleuchtungsmodul mittlerweile um eine Wolkensimulation ergänzt. Darüberhinaus sind nun eine Mehrkanal-Pumpensteuerung mit frei definierbaren Wellenformen sowie eine tageszeitbezogene Temperaturregelung integriert.
Nachdem Steuergerät und LEDs im Tagesverlauf maximal nur wenig über 40 W verbrauchen und auch die Aluminiumträger gerademal handwarm werden, kann zumindest aktuell noch von der wie erwähnt eigentlich geplanten Wasserkühlung abgesehen werden.
Da die Buntbarsche aus den Seen des Afrikanischen Grabenbruchs sämtlich sehr nahe verwandt sind, besteht bei Hälterung mehrerer dieser Spezies gerade in der Enge eines Aquariums ein sehr hohes Hybridisierungsrisiko. Daraus ergibt sich für ein Victoriabiotop bei Vermehrungsabsichten zwingend die Beschränkung auf eine Art, zumal aus diesem Gewässer Fische anderer Familien, allen voran Welse passender Grösse wie etwa
Synodontis afrofischeri, leider nicht verfügbar sind.
|
Die Wahl fällt auf Mbipia lutea 'Makobe Island', eine optisch sehr ansprechende, andererseits aber recht zänkische Art, welche nicht zuletzt auch aufgrund ihrer Endgrösse von mehr als 15 cm etwas höhere Platzanforderungen stellt. Um die überwiegend vom Alpha-Tier ausgehenden Aggressionen zu verteilen, empfiehlt es sich, sie in einer grösseren Gruppe zu halten, wobei einzig die Anzahl an Prügelknaben ausschlaggebend ist, da die Damen meist ungeschoren davon kommen. Wie nahezu alle Buntbarscharten des Viktoriasees ist auch diese maulbrütend im weiblichen Geschlecht, was die Vermehrung im Aquarium doch deutlich erleichtert, sofern es einem gelingt, die Weibchen einzufangen und umzusetzen, bevor diese etwa 3 Wochen nach dem Ablaichen ihren Nachwuchs erstmalig aus dem Maul entlassen.
|